Des Heiligen Reiches Straße

Der vorgeschichtliche Handelsweg
Hummeltal und Ahorntal werden durch einen Höhenrücken getrennt, der sich in westlicher Richtung mehr oder minder deutlich bis über Wohnsgehaig hinaus fortsetzt. Zwischen der Neubürg und Altenhimmel verläuft auf ihm ein Abschnitt des Fernwanderweges Östlicher Albrandweg, westlich von Wohnsgehaig nutzen ihn örtliche Wanderwege.
Der Untergrund dieses Höhenrückens ist trocken und fest. Er weist damit die klassischen Merkmale eines vorgeschichtlichen Fernverkehrs- bzw. Handelsweges auf, denn der vorgeschichtliche landgebundene Fernverkehr suchte, wo immer möglich, derartige Trassen, da sie Menschen, Tieren und später Wagen eine wesentlich mühelosere Fortbewegung ermöglichten als sumpfige Talgründe. Dabei nahm er auch steile Anstiege in Kauf.
Auf die Vorgeschichte verweist auch die Nähe der Wegtrasse zu einem vorgeschichtlichen Siedlungszentrum – der Neubürg. Archäologische Funde bezeugen den Aufenthalt von Menschen auf der Neubürg bereits vor etwa 14 000 Jahren (späte Altsteinzeit). Vor etwa 3 200 Jahren bestand auf ihr eine Höhensiedlung. In ihr vermutet man eine Siedlung von herausgehobener wirtschaftlicher und politischer Bedeutung, die ohne eine entsprechende Verkehrsanbindung kaum denkbar ist.

Reichs- und Geleitstraße
Die vorgeschichtlichen Verkehrswege wurden bis in die Neuzeit hinein vom Fernverkehr genutzt. So auch unsere Straße. Ihre herausragende Bedeutung in der frühen Neuzeit erhellt aus urkundlichen Belegen des 14. und 15. Jahrhunderts über die sogenannten „Geleitstraßen“ in unserem Raum. In jener Zeit war das Reisen für Einzelreisende wie vor allem aber für Kaufmannszüge so unsicher geworden, dass die Reisenden auf bewaffnete n Schutz, d.h. Geleit angewiesen waren. Das Geleitrecht stand ursprünglich dem Kaiser zu, ging dann aber auf die Landesherren über. Von ihnen wurde folglich auch – gegen entsprechende Gebühr – das Geleit gestellt.
Um 1400 wird unsere Straße als Teil einer Geleitstraße ausgewiesen, die von Hollfeld über die „Diebsgruben“ (im Bereich des Scheitelpunktes der heutigen B22 zwischen Schönfeld und Busbach), Meuschlitz und Altneuwirtshaus auf die Höhe des Schnackenecks führte. Dort mündete sie in einem aus Richtung Bamberg kommenden Verkehrsweg, der um 1459 als „Straße“ bezeichnet wird. Unterhalb der Eichenmühle überquerte er zunächst die Wiesent, dann die Truppach und zog über den Langen Berg und den Hüllberg zum Schnackeneck, wo er die Geleitstraße aufnahm. Beide zusammen führten über Wohnsgehaig nach Muthmannsreuth, wo sie sich in einen Zweig nach Bayreuth und einen nach Pottenstein aufteilte. Von letzterem zweigte wiederum zweigte eine Straße über Trockau und Creußen nach Eger ab.
Der vor einem Steilanstieg der Geleitstraße gelegene Zoggenbrunnen bewahrt den Namen einer Siedlung, die für Vorspanndienste an dem Steilanstieg angelegt worden sein könnte. Um 1400 bestand sie noch, knapp 200 Jahre später aber nicht mehr. Möglicherweise hatte im 16. Jahrhundert der Handelsverkehr auf der Straße nachgelassen und die Siedlung dadurch ihre ursprüngliche Funktion eingebüßt.

Der Charakter unserer Straße als einer ursprünglich der kaiserlichen Oberhoheit unterstehenden Reichsstraße wird im Zusammenhang mit einem wohl im Bereich der Neubürg begangenen Raubüberfall deutlich. In dem dazu 1408 ergangenen Urteilsspruch wird unsere Straße ausdrücklich als „des hl. Reichs Straße“, Straße des Heiligen [Deutschen] Reichs, bezeichnet. Im Jahr 1406 werden im burggräflichen (später: markgräflichen) Geleitsbereich bei der Neubürg, damals Leinbürg genannt, vom bambergischen Amtmann zu Hollfeld Kaufleute aus Eger gefangen genommen und ihrer Haube beraubt. In einem langen Brief beklagt sich darüber Burggraf Johann III. beim Bamberger Bischof: „Item Heinrich von Aufsesz ist uns in unser herschaft und geleit gerant bey der leynburge, und hett den von Eger ir habe genommen und sie gevangen und gen Holfelt gefürt.“ Dass die Geleitstraße zu Beginn des 15. Jahrhunderts von den Kaufleuten aus Eger benutzt wurde, lässt vermuten, dass sie damals eine überregionale Verkehrbedeutung als Ost-West-Verbindung hatte.

Die Luchsenbruck
Auf die seinerzeit beachtliche Verkehrsfunktion der Geleitstraße verweist schließlich die frühe Existenz einer Brücke im heutigen Plankenfelser Ortsbereich – nur für bedeutende Straßen wurden damals Brücken gebaut. Zum ersten Mal erwähnt wird die Brücke bereits 1359 (früher als andere Brücken im Bayreuther Raum) und zwar im Zusammenhang mit der Anerkennung eines Landgerichts des böhmischen Königs und deutschen Kaisers Karl IV. durch das Hochstift Bamberg. Der Bischof von Bamberg und sein Kapitel erkennen dem König Karl von Böhmen an sein „lantgericht zu der Luchssenbrucken“ , eine Gerichtsstätte, an der unter freiem Himmel Gericht gehalten wurde.
Der schriftlichen Überlieferung zufolge diente die Luchsenbrücke, auch Losserbrück oder Loßnerbrücke genannt, der Überquerung der Lochau. Geländebeschaffenheit wie Trassenführung der Geleitstraße lassen jedoch ihren Standort eher an der Stelle der heutigen Truppachbrücke in Altneuwirtshaus vermuten. Dort etwa ist auch auf einer 1607 gezeichneten Karte eine Brücke eingetragen. Der von Wohnsgehaig kommende Weg wird darauf als „Landt Straß (=Fernstraße) nach der Losser Brücken“ bezeichnet. Dass sie auch noch im 18. Jahrhundert als nach Osten weisender Verkehrsweg genutzt wurde, spiegelt sich in der in einer Grenzbeschreibung festgehaltenen Bezeichnung als „Trockauer Straße“ wieder.

Spuren im Gelände
Von der alten Trassenführung zeugen heute noch Bündel von heute verwachsenen Hohlwegen an einst waldfreien Steigungen auf weichem Untergrund wie Sand und Sandstein. Auf den Karten sind sie durch ………… gekennzeichnet.

Grenzstraße
Über viele Jahrhunderte bildete die Straße die Grenze zwischen dem Fürstentum Bayreuth und dem Hochstift Bamberg. Einige der alten Grenzsteine sind noch erhalten. Die Inschrift „B.B.“ auf einigen Grenzsteinen steht für „Bistum Bamberg“. Sie weist in die Richtung des Bamberger Besitzes.
Mit der Reformation wurde die Territorialgrenze zu einer Konfessionsgrenze zwischen dem protestantischen Fürstentum Bayreuth und dem katholischen Hochstift Bamberg. Später wurde sie Kreisgrenze, heute ist sie Gemeindegrenze. Auf dieser Straße kann heute noch gewandert werden. Wer weiß von welchem Weg der Text handelt?